SIE HABEN JEMANDEN DURCH SUIZID VERLOREN?

Eine nahestehende Person durch Suizid zu verlieren stellt eine außergewöhnliche und schmerzliche Belastung für Hinterbliebene dar. In vielen Fällen stehen die Hinterbliebenen zunächst unter Schock und bleiben ratlos zurück, da die gestorbene Person plötzlich aus dem Leben der Zurückgelassenen herausgerissen wird. Es kann dabei zu Gefühlen wie Ablehnung, Scham, Verzweiflung, Fassungslosigkeit, Verlassen Werden, Depression oder Angst oder auch zu körperlichen Reaktionen wie zum Beispiel Schüttelfrost, Kopf- und Gliederschmerzen, Appetitlosigkeit und Schlaflosigkeit kommen.

Copyright Bild li.: S. Kirchner

Bin ich schuld?

Expter:innen erleben oft in der Praxis, dass sich hinterbliebene Personen Schuldgefühle oder Vorwürfe machen. Sie sind allerdings nicht an dem Tod Ihrer geliebten Person schuld! Einerseits ist es nicht einfach, Suizidalität zu erkennen, und andererseits gibt es auch keinen einzelnen Grund, warum eine Person sich das Leben genommen hat. Durch oft langwierige und intensive Trauerarbeit kann es den Hinterbliebenen aber gelingen, das Geschehene zu akzeptieren und Abschied von der gestorbenen Person zu nehmen. Einen Suizid im Umfeld zu erleben, kann aber auch bei den Hinterbliebenen selbst eine suizidale Krise auslösen. Sollten Sie selbst Gedanken an Suizid haben, dann suchen Sie sich bitte so schnell wie möglich professionelle Hilfe!

Frau von der Seite im Wind vor blauen Himmel

VIDEO – Hilfe nach dem Suizid einer nahestehenden Person

„Der Suizid einer nahestehenden Person ist ein traumatisches Erlebnis und die Aufarbeitung dieser Erfahrung benötigt viel Zeit. Wichtig ist, dass Sie sich dafür sämtliche Zeit nehmen, die Sie für die Verarbeitung brauchen, und sich auch Unterstützung holen, wenn Sie diese benötigen.“
Dr. Stefanie Kirchner, Unit Public Mental Health, MedUni Wien

Hilfe nach dem Suizid einer nahestehenden Person

Die Trauer nach dem Suizid einer nahestehenden Person wirkt meist schwer und dauert nach Erfahrung von Expert:innen oft länger als andere Trauerprozesse.

In der Phase der Trauer und auch darüber hinaus ist es wichtig, dass sich die Hinterbliebenen Unterstützung und Hilfe suchen. Stigma in der Gesellschaft und das Tabu, über Suizid zu sprechen, kann Hinterbliebene dabei hindern, sich Hilfe zu suchen. Professionelle Hilfseinrichtungen und/oder Personen, denen Sie vertrauen und mit denen Sie ihre Trauer und Gefühle teilen können, können Sie in Ihrer Trauer begleiten und unterstützen.

Die ersten Tage nach dem Verlust

In den ersten Tagen nach dem Verlust einer nahestehenden Person durch Suizid stehen Hinterbliebene unter Schock und immenser Trauer. Darüber hinaus sind sie mit einigen langwierigen Abläufen und Prozessen konfrontiert, die geregelt werden müssen. Im Folgenden stellen wir Ihnen die häufigsten/wichtigsten Prozesse vor:

VIDEO – Die ersten Tage nach dem Suizid einer nahestehenden Person

In der gesamten Zeit ist es wichtig, auf die eigenen Bedürfnisse zu achten und sich die Zeit zu geben, die man braucht. Wenn Sie keine Unterstützung in Ihrem näheren Umfeld finden, suchen Sie sich professionelle Hilfe. Wenn die Überforderung zu stark wird und vorhandene Möglichkeiten keine Linderung verschaffen, zögern Sie bitte nicht, sofort professionelle Unterstützung in Anspruch zu nehmen.

Trauerphasen

Wenngleich Trauer unterschiedlich wahrgenommen und erlebt wird, gibt es in der Fachliteratur das Modell der „Vier Phasen der Trauer“, welche von Verena Kast begründet wurden.  

1. Nicht wahrhaben wollen:

Die Person, die trauert, fühlt sich in dieser ersten Phase oft betäubt bzw. kann auch von Gefühlen übermannt werden und dabei zu massiver Unruhe oder Angst führen. Die dabei auftretenden Gefühle, wie zum Beispiel Verzweiflung, Scham oder Wut können als unerträglich bis hin zu unkontrollierbar empfunden werden.

„Es ist wichtig für die Hinterbliebenen, zu wissen, dass diese Reaktionen in dieser Situation vollkommen normal sind.“
Stefanie Kirchner
Pflanzen im Sonnenschein
Copyright: B. Naderer
„Jede Person geht auf ihre eigene Art und Weise mit dem Erinnern an die gestorbene Person um, es gibt hier kein richtig oder falsch. Es ist dabei auch vollkommen normal, dass Sie sogenannte Trugbilder, wie zum Beispiel das Gefühl, die Anwesenheit der gestorbenen Person zu spüren, erleben.“
Stefanie Kirchner

2. Aufbrechende Emotionen:

In dieser Phase kann es bei den Hinterbliebenen zu einem regelrechten Gefühlschaos kommen, welches auch Konflikte mit anderen Personen auslösen kann. Gefühle der Trauer, Wut, Angst oder Schmerz können intensiv von den Trauernden wahrgenommen werden. Des Weiteren geben sich die Betroffenen manchmal selbst die Schuld, dem gestorbenen Menschen nicht ausreichend geholfen zu haben, bzw. haben das Gefühl, für den Suizid verantwortlich zu sein. In dieser belastenden Situation kann es auch vorkommen, dass Hinterbliebene selbst Suizidgedanken entwickeln und ihre Lebensperspektive verlieren.

3. Suchen und sich Trennen:

In dieser Phase erinnern sich Trauernde an gemeinsame Erinnerungen und Erlebnisse mit der gestorbenen Person, um Teile der Beziehung zu dieser Person zu erhalten. In manchen extremen Fällen kann es sogar dazu kommen, dass die Trauernden sogar versuchen, das Leben der gestorbenen Person weiterzuleben. In dieser Phase beginnt die trauernde Person nun damit, zu akzeptieren, dass die gestorbene Person nicht mehr ins Leben zurückkehren wird.

Suizid ist immer noch ein sehr tabuisiertes Thema. Dennoch ist es ist wichtig, dass Sie mit Personen, denen Sie vertrauen, über Ihre Trauer sprechen und sich eventuell professionelle Hilfe für die Verarbeitung des Geschehenen suchen.“
Stefanie Kirchner
Dr. Stefanie Kirchner, Unit Public Mental Health, MedUni Wien
Dr. Stefanie Kirchner, Unit Public Mental Health, MedUni Wien (Copyright: S. Kirchner)

4. Neues Selbst und Weltbezug:

Die Gedanken und Handlungen der Trauernden drehen sich nicht mehr ausschließlich um den:die Verstorbene:n, sodass es wird wieder möglich wird, das eigene Leben zu gestalten. Gefühlsausbrüche sind allerdings an bestimmten Tagen, z.B. Gedenktagen, noch möglich. Bei einem sehr langen Trauerprozess oder bei auftretenden Schwierigkeiten, die Trauer zu verarbeiten, sollte professionelle Hilfe in Anspruch genommen werden.

„In dieser Phase gelingt es den Betroffenen zunehmend besser, ihre Situation zu akzeptieren, und sie rücken ihr eigenes Leben und ihr derzeitiges Umfeld wieder mehr in den Vordergrund.“
Stefanie Kirchner

Nehmen Sie an unserer Studie teil!

Bitte nehmen Sie sich etwas Zeit. Sie helfen uns damit anderen zu helfen.

Nehmen Sie an unserer Studie teil!

Bitte nehmen Sie sich etwas Zeit. Sie helfen uns damit anderen zu helfen.