SIE KENNEN JEMANDEN MIT SUIZIDGEDANKEN?

Eine Person, die Suizidgedanken hat, ist oft zwischen Todes- und Lebensimpulsen hin- und hergerissen. Einerseits hat die Person das Gefühl in der aktuellen Situation so nicht mehr weiterleben zu können, andererseits besteht aber auch ein Wunsch nicht sterben zu müssen.

Im Folgenden finden Sie eine Zusammenstellung von Informationen von Suizidpräventionsexpert:innen darüber, wie Sie eine Suizidgefährdung bei anderen Personen erkennen können, was Sie tun können, um Menschen mit Suizidgedanken zu helfen, was Warnsignale für eine Suizidgefährdung sind und welche Mythen es über Suizid in unserer Gesellschaft gibt.

Copyright Bild re.: S. Kirchner

Nachdenkliche Person mit Suizid Gedanken

Wie erkenne ich, dass eine Person daran denkt sich das Leben zu nehmen?

Für gewöhnlich kündigen die Personen ihre Absicht, sich das Leben zu nehmen, an (direkt, z.B. „Ich möchte nicht mehr leben“ oder indirekt, z.B. „Das hat alles keinen Sinn mehr“) oder können anhand bestimmter Hinweise, Äußerungen oder Verhaltensweisen erkannt werden, auch wenn dieses Erkennen nicht immer einfach ist. Suizidfantasien und -pläne, die schon sehr konkret sind, sind dabei besonders gefährlich. Außerdem ist die Gefahr, sich etwas anzutun, höher, wenn sich Suizidgedanken aufdrängen oder wenn Suizidmittel verfügbar sind. Wir stellen unten Warnsignale vor, die Anzeichen dafür sein könnten, dass jemand daran denkt oder vorhat, sich das Leben zu nehmen.

Warnsignale

„Ein Gespräch zu beginnen, macht immer Sinn, denn es kann der erste wichtige Schritt auf dem Bewältigungsweg sein; nur wenn über Suizidgedanken auch gesprochen wird kann auch etwaig notwendige professionelle Hilfe ins Boot geholt werden.“
Univ.-Prof. Dr. Thomas Niederkrotenthaler, Leiter der Unit Public Mental Health, MedUni Wien

Video – Warnsignale

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Das Vorhandensein einzelner Warnsignale kann, aber muss nicht unbedingt darauf hindeuten, dass eine Suizidgefährdung vorliegt. Liegen aber Warnsignale vor und ist ein Gespräch mit der betroffenen Person schwierig oder unmöglich, dann sollte professionelle Hilfe hinzugezogen werden.

Was können Sie tun, wenn eine Person Suizidgedanken hat?

Wenn Sie das Gefühl haben, dass eine Person daran denken könnte, sich das Leben zu nehmen, dann sprechen Sie diese Person darauf an. Fragen Sie, ob die betroffene Person Gedanken hat sich etwas anzutun.

Holen Sie gegebenenfalls professionelle Hilfe zu dem Gespräch hinzu. Es ist wichtig, auch auf sich selbst zu achten, nicht zu viel Verantwortung zu übernehmen und sich dadurch selbst zu überfordern. Auch können Sie sich selbst Hilfe holen, wenn Sie sich überfordert fühlen bzw. kann Ihnen das Gespräch mit einer professionellen Hilfseinrichtung eventuell weiter helfen, wenn die betroffene Person nicht zugänglich für ein Gespräch sein sollte.

Copyright M. Sabetzer
„Oft denken Menschen, dass sie eine suizidgefährdete Person nicht auf das Thema ansprechen sollen. Sie haben Angst, dass sie die Person damit auf ‚falsche‘ Ideen bringen. Das Ansprechen ist aber enorm wichtig um einen Kontakt her zu stellen und die Situation besprechen zu können.“
Thomas Niederkrotenthaler

Tipps zum Gesprächsverlauf

Es ist wichtig, dass Sie sich genügend Zeit für das Gespräch nehmen und der betroffenen Person zuhören. Wählen Sie auch einen geeigneten Ort dafür aus, zum Beispiel einen Ort, an dem Sie beide sich wohlfühlen. Nehmen Sie die betroffene Person und ihre Aussagen ernst. Vermeiden Sie belehrende Vorwürfe, simple Tröstungen oder Aufmunterungen (z.B. „Kopf hoch!“), voreilige Ratschläge sowie vorschnelle Versprechungen. Bleiben Sie während des Gesprächs ruhig und gefasst. Versuchen Sie in dem Gespräch auch herauszufinden, wie konkret die Pläne der betroffenen Person sind, sich das eigene Leben zu nehmen.

Es kann sein, dass die betroffene Person nicht mit Ihnen reden möchte. Nehmen Sie das nicht persönlich und versuchen Sie es später wieder.

Professionelle Hilfe hinzuholen

In weiterer Folge ist sehr oft eine professionelle Unterstützung notwendig. Sie können die betroffene Person dazu ermutigen, sich professionelle Hilfe zu suchen bzw. auch gemeinsam mit der Person nach Hilfseinrichtungen suchen. Wenn Sie den Eindruck haben, dass die Person unmittelbar davorsteht, sich etwas anzutun, kontaktieren Sie unbedingt eine der Notrufnummern.

Nachdenkliche Frau von hinten in Schwarz Weiß
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Akute Suizidgefährdung

Entwicklungs­stadien
zum Suizid und Suizid­ankündigungen

Suizide passieren oft nicht überraschend, sondern sind meist das Resultat einer Entwicklung.

„Suizid wird in den meisten Fällen angekündigt. Es gibt konkrete direkte Ankündigungen wie ‚ich bringe mich um‘, aber Hinweise können in vielen Fällen vage und schwer als solche bemerkbar sein.“
Thomas Niederkrotenthaler

Gerade indirekte Ankündigungen (vage Andeutungen) werden oft erst nach dem Suizid als solche verstanden. Es ist daher wichtig, jede Äußerung über Suizid als Zeichen für eine Notsituation anzusehen und diese immer ernst zu nehmen und anzusprechen.

„Das bedeutet, dass man bei Ankündigungen, auch wenn diese vage sind und unklar, immer hellhörig werden sollte. Zum Beispiel könnte die Person sich bedanken oder auf ein Testament ein bevorstehendes bedeutendes Ereignis hinweisen, ohne konkreter zu werden. Da ist es immer wichtig nachzufragen.“
Thomas Niederkrotenthaler

Wenn die Entscheidung zum Suizid gefallen ist, kommt es gelegentlich zu einer scheinbaren Entspannung der Situation.

„Menschen, die den Entschluss gefasst haben, sich das Leben zu nehmen, fühlen sich manchmal durch ihren Entschluss zum Suizid entlastet, haben das Gefühl, einen Ausweg für Ihre verzweifelte Situation gefunden zu haben, und sprechen oft nicht mehr über ihre Suizidabsicht. Fragen nach der derzeitigen Situation und ob es Veränderungen gibt, können hier essentiellen Aufschluss liefern, ob sich die Situation tatsächlich verbessert hat oder ob sich die Suizidalität weiter verstärkt hat, und es sollte immer versucht werden, sich auch in dieser Situation über Suizidgedanken und professionelle Hilfsmöglichkeiten zu unterhalten.“
Thomas Niederkrotenthaler

Hat sich eine Person zum Suizid entschlossen, ist es schwieriger, die betreffende Person von ihrem Vorhaben abzuhalten. Durch das Ansprechen der Suizidgedanken und Mobilisieren von Hilfsangeboten ist es aber auch dann noch möglich, einen Suizid oder Suizidversuch zu verhüten.

Mythen über Suizid

In der Suizidpräventionspraxis und in Gesprächen über Suizid sind falsche Annahmen oder Mythen sehr verbreitet. Wir haben Prof. Benedikt Till, Suizidpräventionsexperte an der MedUni Wien, zu den häufigsten Mythen befragt und auf dessen Richtigkeit geprüft.

FALSCH

1.Es ist gefährlich, jemanden auf Suizidgedanken anzusprechen. Darüber zu reden könnte die Person erst Recht auf den Gedanken bringen.

FALSCH

2.Wer von Suizid redet, stirbt nicht an Suizid. Personen, die wirklich sterben wollen, reden nicht über Suizid, sondern tun es ohne Vorwarnung.

Frau sitzt vor Stadt und Sonnenuntergang
Copyright: S. Kirchner

VIDEO – Suizidmythen

FALSCH

3.Ein Suizidversuch ist Erpressung.

FALSCH

4.Wenn eine Person, die an Suizid denkt, plötzlich entspannt und gelöst wirkt, dann bedeutet das, dass ich mir keine Sorgen mehr machen muss.

FALSCH

5.Personen, die sich selbst das Leben nehmen wollen, sind feige.

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